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Über der strömenden Zeit

   



PARADIES

Nicht hier
Aber auch nicht dort
Irgendwo dazwischen
Im Nirgendwo
Manchmal
ganz nah

Bei dem Baum
Bei dir
Im Schatten der Äpfel

  Über der strömenden Zeit
Verlag: Neues Literaturkontor, Münster 2009
ISBN :  978-3-920591-93-3
€  10,-

Zu bestellen:
Buchhandel   : über KNV und VLB
Online           : www.neues-literaturkontor.de
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AUFBRUCH DER STARE

Als rühre man durch einen Korb
mit Körnern
und Spelzen flögen auf    

Bis prasselnd sich der Baum entlaubt
Ein Netz aus Vögeln kreist
und fängt die Krone wieder ein

Noch dieses eine Mal
Dann ziehen sie fort
Das Jahr wird alt
In unsern Augen
sammeln sich die Stare
Graue Tücher zwischen
dir und  mir

-

 

 

 

 

 

 

 

Lass uns nach Süden schlafen  
Lass uns einfallen
in die Verästelungen großer Ruhe
auf besonnten Plätzen
zwischen Haut und Meer  

 


 

 

 

  MAIABEND

Ein grüner Löwe liegt der Mai
vor meinem Fenster
So üppig wuchs im Regen ihm das Fell
Nun legt auf samtne Pranken er
den abendschweren Kopf 
Die gelben Blumen schlossen ihre Lider
Kein Wiesenhügel
schüttelt eine Mähne mehr

Bis er im Frühlicht herrlich sich erhebt
Vogelstimmen um den Hals

 

 

 

ANRUF ZUR NACHT 

Du am Telefon
Freundlicher klangst du als sonst
Nun liegt ein Licht
über der Dämmerung

Oder war ich es
die ihre Tür schon geöffnet hatte
für die Ankunft deiner Stimme? 

 


BICK AUF DEN SEE

Zwei Segel, dicht
in gleicher Strömung
gleiten dahin
Berge, wolkenverhangen
Auf der Wassertafel
ein Platzregen von Licht

Jetzt
hat das eine Segel gedreht
ist unterwegs nach Westen
weg vom andern

Doch die fernen Ufer sind
wie ein Band

 

 

 

 

 

DER GROSSE BAUM   

Ich trete unter seine Krone
voll von Knospen

Ich will mich hinsetzen
zwischen seine erdigen Zehen
und in den Himmel warten
bis die Gedichte fertig sind

Blatt für Blatt

 

 


ERNTETAG

Samen tiefer Sonne  
Getreidestaub
Duftende Schwaden überm Tal

Mit dir durch Felder fahren
durch warme Luft, betäubt
vom herben Korngeruch
schwanger

Noch dieses eine Mal
die Speicher füllen

Später
in der stillen Nacht lange
das Lärmen der Erntedrescher im Tal

Wir zusammengerückt
und vor uns nichts
als das verblassende Gold
hinter den dunklen Kiefern 

Die stehen Stirn an Stirn

 

 

 

 

 

 

 

ÜBERRASCHT   

Auf dem Teppich ein
Lager aus weißen Laken
Ach - nur der Mond